002: Salzburg calling
So, eine Woche noch bevor in Salzburg die Proben zu Shakespeares "Sommernachtstraum" beginnen. Nach einer für meine Verhältnisse langen Probenpause von vier Monaten merke ich, dass die Lust auf die Arbeit groß ist. So gerne ich am Schreibtisch vor mich hinwerke und mich bemühe, beim Schrieben auf meine eigene Stimme zu hören, so schön ist es wieder, auf den Proben vielen verschiedenen Meinungen und Energien zu begegnen, sich ins Ungewisse zu begeben. Man weiß ja nie, wohin einen die Reise führen wird; das macht manchmal Herzflattern, aber da heißt es Vertrauen haben. Und in diesem Fall kommt so ein talentiertes Team wunderbarer Menschen zusammen, auf und hinter der Bühne, dass mir das nicht schwer fallen wird. Alles in alles: Was für ein Geschenk, sieben Wochen lang jeden Tag Shakespeare. (Und sonntags "Dexter".)
Was steht sonst so auf dem Programm? Heute habe ich meine Stückfassung vom ersten Teil der Unendlichen Geschichte zum hoffentlich letzten Mal überarbeitet - demnächst mehr dazu. Bin erst mal recht zufrieden mit dem Ergebnis. Parallel dazu gibt's zahlreiche emails und Skype-Konferenzen zu den Themen Glücksdrachen, Felsenbeißern und Pettigrohr...
Die ersten Probenpläne für den "Sommernachtstraum" wollen geschrieben werden - ein logistischer Albtraum natürlich, den ich mit einigem Erfolg zu verdrängen versuche. An der Homepage arbeite ich Stück für Stück weiter - ein paar neue (alte) Produktionen sind jetzt online - und immerhin bis 2002 habe ich mich nach hinten gearbeitet.
Lesen tue ich Lars Keplers Zweitkrimi "The Nightmare", der wunderbar vom Probenplanschreibenmüssen ablenkt. Selbiges leistet die "Six Feet Under"-Retrospektive, die allabendlich in unserem Wohnzimmer stattfindet. Ich schaue die Folgen bereits zum dritten Mal, und bin immer noch hingerissen von der Qualität der Drehbücher und der Schauspieler. Unfassbar gutes Fernsehen. Wisst ihr vermutlich alle selber schon.
Ansonsten wuchert der Kräutergarten am Balkon sehr üppig (unter "Impressum" zu bewundern), und ich werde ihn vermissen, wenn es in einer Woche nach Salzburg geht...
Abschließend das passende Zitat zum Hochwasser und ein Sneak Preview vom "Sommernachtstraum": Titanias wutentbrannte Rede an Oberon. Was lernen wir daraus? Die Feen sind schuld.
TITANIA:
Das sind Erfindungen der Eifersucht!
Seit Sommeranfang kam das Elfenvolk
Nicht mehr zusammen, ob im Schilf, im Tann,
Am Meeresstrand, am Quell noch irgendsonst,
Um friedlich nach dem Flötenlied des Winds,
Das er nur uns zuliebe pfiff, zu tanzen,
Ohne dass du mit deiner Eifersucht
Uns nicht das Fest gründlich verdorben hättest.
Der Wind, der uns vergeblich aufgespielt,
War so erzürnt, dass er, um sich zu rächen,
Die Regenwolken einsog über‘m Meer
Und dann aufs Land trug, um es zu ertränken.
Die Flüsse traten über ihre Ufer,
Und überschwemmten alles ringsumher.
Vergebens pflügt der Ochse, schwitzt der Bauer,
Das junge Korn fault, eh ein Flaum ihm wächst.
Das Feld ersäuft, die Krähen mästen sich
An totem Vieh. Morast bedeckt die Straßen,
Obstgärten liegen unter Schlammlawinen -
[...]
Und diese ganze Höllenbrut von Plagen
Stammt ab von unserm Streit, von unserm Zwist –
Wir sind ihr Grund, ihr Ursprung, ihre Eltern.
Bis demnächst!
Euer Henry